Menschenkette gegen Judenhass

Die Solidarität hochhalten

von Petra Ihm-Fahle

Kürzlich war ich als Reporterin für die WZ bei der Menschenkette vor der Synagoge dabei. Als der frühere Vorsitzende Monik Mlynarski noch lebte, der nun schon fast fünf Jahre tot ist, war ich oft dort zu Gast. Das ist seltener geworden, was schade ist.    
 
Zu Beginn der Aktion stehen Ansprachen, wie hier durch Bürgermeister Klaus Kreß (3. v. l.). Neben ihm Dr. Peter Noss, Manfred de Vries und Volkhard Guth (von links).
Daher freute ich mich, wieder einmal mit von der Partie zu sein, wenn auch der Anlass traurig war. Denn die Menschenkette formierte sich am Jahrestag des Anschlags auf die Synagoge von Halle. Gleichzeitig machen solche Aktionen Mut und sind ein positives Zeichen.

Bürgermeister Klaus Kreß 3. v. l.). Neben ihm Dr. Peter Noss und Manfred de Vries (von links).
Eingeladen hatte die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Wetterau um die Vorsitzende Britta Weber. 80 Bürgerinnen und Bürger waren gekommen, um während des Gottesdienstes symbolisch das Haus abzuschirmen. Ein tolles Signal. Freilich nicht während des ganzen Gottesdienstes, wie mir schien. 
Dekan Volkhard Guth ruft auf, dem Antisemitismus zu widerstehen, hier mit Manfred de Vries, Bürgermeister Klaus Kreß und Ausländerbeiratsvorsitzendem Sinan Sert (von links). 
Das wunderte mich im ersten Moment ein bisschen, ich habe aber Verständnis, wenn die Menschen nicht die ganze Zeit Stäbe halten können. Die waren dafür da, um den Corona-bedingten Abstand einzuhalten. Singen war wegen der pandemiebedingten Hygieneregeln ebenfalls nicht möglich. 

Nach einer Schätzung der Polizei sind 70 bis 80 Menschen gekommen.
Als mir zwischendurch jemand sagte, wie anstrengend es sei, so lange die Stäbe zu halten, konnte ich es gut nachvollziehen. So was kann sehr in die Arme gehen. Gleichzeitig musste ich allerdings an das Buch "Isabella" der Holocaust-Überlebenden Isabella Leitner denken. Sie war mit ihren Schwestern ins KZ gekommen und musste mit ansehen, wie ihre Schwester Potyo von einer Aufseherin gezwungen wurde, hinzuknien und über eine längere Zeit Ziegelsteine hochzuhalten. 
 Die Polizei bewacht die Aktion mit drei Einsatzwagen. 70 bis 80 Menschen stehen vor der Synagoge, um ihre Solidarität zu  bekunden.
Hätte sie sie fallenlassen, wäre sie ermordet worden. Eine übermenschliche Kraftanstrengung, doch sie hielt durch. Die Mutter der Schwestern hatte ihren Kindern anfangs eingeschärft: "Ihr sollt leben." Sie waren zu viert gewesen, nur zwei überstanden die Hölle von Auschwitz. Schwester Cipi überlebte nicht, da sie beim Todesmarsch zögerte, mitzulaufen, als Isabella wegrannte.

Die Bürgerinnen und Bürger formieren sich nun zur Menschenkette. Den Abstand halten sie mit Stäben ein.
Wie viel Kraft die Mutter ihren Kindern durch den Satz "Ihr sollt leben" gegeben hatte. Doch Isabella machte sich Zeit ihres Lebens Vorwürfe, Cipi bei der Flucht nicht mitgerissen zu haben. 
Hier der frühere Bad Nauheimer Parlamentschef Prof. Friedrich-Karl Feyerabend (rechts) und seine Frau.
Herr Mlynarski war ebenfalls in Zwangsarbeitslagern und KZs gewesen, er überlebte den Todesmarsch nach Buchenwald. Er war 2013 Mitglied unserer Kulturgruppe Die Verdichter geworden, was wir als große Ehre ansahen. Während des Holocausts ermordeten die Nazis fast seine ganze Familie. Auch Manfred de Vries, sein Nachfolger, verlor fast die gesamte Familie durch die Morde an den Juden.  
Die frühere Vorsitzende der GCJZ, Petra Albrecht-Vogt und der Schwalheimer Ortsvorsteher Klaus Englert (von rechts). 
Niemals dürfen wir vergessen, was damals geschehen ist, die Erinnerung und die Verantwortung müssen bleiben: So wie es die Bürger letzte Woche in Bad Nauheim gezeigt haben.

Hier der Stadtverordnete Tillmann Weber (links), Landtagsabgeordnete Lisa Gnadl (3.v.l.) und der frühere Erste Stadtrat Konrad Dörner (Mitte).


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