Italienisches Tagebuch


Abenteuerliches Italien
von Petra Ihm-Fahle


Das erste "richtige" Buch, dass ich als Kind gelesen habe, war "Abenteuer in Italien" von Viola Bayley - so wie  auch meine letzte Reise dorthin ein kleines emotionales Abenteuer für mich war. 

Meine Großeltern hatten mir das Buch geschenkt, ich dürfte sieben oder acht Jahre alt gewesen sein. Begeistert war ich zunächst nicht von diesem Geschenk, denn die Schrift war klein und es enthielt keine Bilder.

Irgendwann nahm ich es mir aber vor, wobei mich der Ehrgeiz packte, es komplett durchzuschmökern. Als es gelungen war, rannte ich zu meiner Mutter und rief: "Mami, Mami! Ich habe ein ganzes Buch gelesen!" 

Die Geschichte handelt von einer jungen Frau, die unbedingt nach Italien möchte und einen Job sucht, um das zu finanzieren. Sie wird Gesellschafterin einer Contessa, wo sich bald unheimliche Dinge zutragen ...

Einen Job in Italien: Den suchte auch ich, als ich älter war. Ich war um die 30, als ich beschloss, dass sich etwas ändern müsse. Meine Buchhändlerinnen-Stelle gefiel mir nicht 100-prozentig, ich suchte nach dem Sinn. Zurück nach Italien zu gehen, erschien mir eine gute Idee, weshalb ich mich ans Arbeitsamt in Gießen wendete, wo ich damals lebte. Es gibt eine Auslandsabteilung, doch der Sachbearbeiter meinte, ich müsse auf eigene Faust im Land suchen. 

Daher beschloss ich, erst mal die Sprache zu lernen, die ich leider nicht beherrsche, obwohl wir während meiner ersten fünf Lebensjahre dort lebten und anschließend oft dort Ferien machten. Zwei vhs-Kurse später war mir allerdings klar, dass es damit nichts würde. Ich war nicht diszipliniert genug, um Vokabeln zu lernen.   

Oft reiste ich nicht mehr nach Italien, eins der letzten Male war, als ich Anfang 40 war. Mit meinem Ex-Mann und unserem Sohn erkundeten wir im Rahmen eines Tagesausflugs den Ort am Lago Maggiore, wo meine Familie lange ein Ferienhaus gehabt hatte. Das Haus steht in Mombello. Zum Einkaufen waren wir oft nach Laveno gefahren, wo auch ein Strand ist. 

Als mein Ex-Mann, mein Sohn und ich nun in Laveno an einem Café vorbeischlenderten, zischte mir ein Mann zu: "Schwein, Schwein! Deutsches Schwein." Ich war so schockiert, dass ich niemandem davon erzählte. Die Italiener sind so nett zu jungen Frauen, "Signorina bella" hier, "Signorina bella" da. Nun war ich etwas älter und wurde beschimpft, was ich nicht nur deutschenfeindlich, sondern auch sexistisch fand. Ich, ein "deutsches Schwein", obwohl Italien Heimat für mich war?

Man kann sich vorstellen, wie sich Migrant*innen in Deutschland fühlen, die ständig mit Ausländerfeindlichkeit konfrontiert werden. 

Anschließend fuhren wir nach Mombello, ich hatte Angst dabei. Die engen Straßen, es war so lange her. Und alles sah etwas anders aus, als ich es in Erinnerung hatte. Dass wir kein Italienisch konnten, machte mich unsicher. Meine Eltern beherrschten die Sprache und hatten immer gedolmetscht, was einfach etwas anderes war. 

Nur einen kurzen Blick warf ich auf unser altes Haus, das nicht mehr weiß, sondern mittlerweile terrakottafarben war. Dann fuhren wir rasch wieder zurück nach Ponte Tresa in der Schweiz, wo wir in der Ferienwohnung der Lebensgefährtin meines Vaters Urlaub machten. 

Nicht wirklich ein "Abenteuer in Italien", aber aufgrund meiner Gefühle doch. 

 






Kommentare

  1. Sehr schönes Posting. Das Buch kenne ich gar nicht, aber ich finde es lustig, dass du als Kind auch bemängelt hast, wenn die Schrift zu klein war und es keine Bilder gab. Nach Italien mag ich auch nicht mehr fahren. Früher Heimat, heute bin ich eine Fremde dort. Ich möchte mir die Erinnerung an die schöne Zeit erhalten.

    In diesem Sinne,
    Ciao bella

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