Auf der Hurtigruten

Gletscher und Mitternachtssonne

Schon seit vielen Jahren träumten Ronald Berg und seine Frau von einer Reise auf der Hurtigruten. Sie buchten - aber dann kam die Corona-Krise. Unter welchen Bedingungen das Paar aus Münzenberg seinen Traum trotzdem umsetzen konnte, erzählt Ronald im Samstags-Interview mit Petra Ihm-Fahle.

Roland Berg (Foto: pv)

Ronald, in diesem Jahr haben deine Frau und du die Hurtigruten bereist. Wie seid ihr auf die Idee gekommen?

Die Idee hatten wir schon vor Jahren. Hurtigruten wird nicht nur sehr beworben, sondern hat auch viele Fans. Von den Personen die ich kannte und diese Reise machten, waren alle durchweg begeistert. Da diese Art Reisen schon etwas teurer ist, hatten wir, solange die Kinder noch zu versorgen sind, lange dieses Vorhaben vor uns hergeschoben. Erst im Januar dieses Jahres stolperte meine Frau dann über ein besonderes Angebot bei Secret Escapes, sodass wir uns dann damit intensiver beschäftigten. Denn jedes gute Angebot hat nun auch seine Tücken. 

Die Reise ging los ab Hamburg bis zum Nordkap und zurück. (Repro: Berg) 


Bei den Original Hurtigruten, die ja jeden Tag einen neuen Hafen ansteuerten, um Passagiere und Waren aufzunehmen, konnte man zusätzlich noch besondere Ausflugsziele  oder Aktivitäten für ordentliches Geld hinzubuchen. Wir hatten uns dann auch einige besondere Ziele nach unserem persönlichen Budget festgelegt. Trotz einer günstigen Kabine im Unterdeck kamen wir dennoch auf eine ordentliche Endsumme. Aber wir wollten unseren Traum nicht wieder schieben und buchten endlich diese besondere Reise.

Der Lysefjord (Foto: Berg)

Als dann die Corona-Pandemie zuschlug, stand natürlich alles in den Sternen. Die Reise sollte am 13.07. stattfinden und plötzlich dann der Lockdown, Grenzen dicht, alle Reisen abgesagt, Flüge und Kreuzfahrten stillgelegt. Unklarheiten über Stornierungsbedingungen taten ihr Übriges, sodass wir nun einfach nur noch abwarten und hoffen konnten. Regelmäßig verfolgte ich die News bei Hurtigruten. Denn die hatten erst einmal alle Reisen bis zum 01.07.2020 abgesagt, sodass es zwar ein Angebot gab, auf nächstes Jahr umzubuchen, aber eine Stornierung war noch nicht möglich. Anfang Juni gab es dann bereits die ersten Lockerungen in Deutschland und es keimte Hoffnung auf. 

Kurs auf den spektakulären UNESCO-gelisteten Geirangerfjord, vorbei an steilen, 800 Meter hohen Klippen und dramatischen Wasserfällen. (Foto: Berg)

Nach und nach öffneten sich innerhalb Europas wieder die Grenzen und Beschränkungen wurden gelockert. Zum 01.07.2020 war Europa wieder bereisbar, mit Ausnahme Norwegen. Was nun?  Ich stützte mich auf die Hoffnung, dass Norwegen eine Entscheidung zur Öffnung bis zum 15.07.2020 treffen wolle. Es hätte aber auch der 12. oder 13. sein können. Am 02.07.2020 dann die Entscheidung - Norwegen öffnet am 15.07.2020. Unser Schiff fuhr zwar wie geplant ab 13.07. ab, allerdings ohne deutsche Passagiere. Denn wir kamen ja in Norwegen noch nicht rein. Ich war natürlich wie vor den Kopf gestoßen, weil unser Traum zu zerplatzen schien. Ich rief in der Zentrale bei Hurtigruten an und fragte nach einer Umbuchung auf ein Schiff, welches am 16.07. ab Bergen planmäßig abfahren sollte. 

Eine der atemberaubendsten Naturlandschaften der gesamten Reise: die Lofoten, bekannt für ihre steilen Berge, Sandstrände, wilde Natur und malerischen Fischerdörfer und den spektakulären Trollfjord. (Foto: Berg)

Der freundliche Mitarbeiter bot mir gegen einen erheblichen Zuschlag die Möglichkeit zur Umbuchung auch an, machte mir aber auch ein Alternativangebot zum 10.07 für eine Expeditionsreise ab Hamburg. Dieses besondere Schiff ist das neueste in der Flotte von Hurtigruten und war zu diesem Zeitpunkt erst zum zweiten Mal im Einsatz. Das Besondere an diesem Schiff ist, dass es mit neuester Hybridtechnologe fährt. Es kann zeitweise mit Strom fahren, was vor allem ein Genuss ist, wenn man lautlos in den Fjorden unterwegs ist. Eigentlich ist dieser Eisbrecher für die Antarktis vorgesehen, wurde aber erst einmal wegen Corona für eine neu kreierte Reise "Durch die schönsten Norwegischen Fjords von Hamburg bis zum Nordkap" eingesetzt. Diese Reise wurde als Alternative deshalb ab Hamburg angeboten, weil Anlandungen und damit auch der Zustieg in Norwegen nicht möglich war.

Unterwegs waren wir mit der Fridtjof Nansen, dem neusten von den zwei weltweit ersten Hybrid-Schiffen überhaupt. Gerade in den Fjorden ist es ein Genuss im Batteriebetrieb lautlos dahinzugleiten und die Natur zu genießen. (Repro: Berg)


Obwohl diese Reise nach Katalog fast das Doppelte hätte kosten sollen, bot uns der freundliche Mitarbeiter, nach Rücksprache in der Führungsebene, diese Reise, obwohl sie 3 Tage länger dauerte, zum Preis unserer bisherigen Buchung an. Das konnte man nicht ausschlagen.

Wir fuhren zum Svartisen-Gletscher, dem zweitgrößten des Landes und gleichzeitig am tiefsten reichende Gletscher des europäischen Festlands. Auch war es die erste Anlandung, welche aufgrund der Corona-Krise von der norwegischen Regierung genehmigt wurde. (Foto: Berg)

Nun musste ich kurzfristig umplanen. Meine Frau machte gerade eine Kurzreise mit ihren Freundinnen in die Provence und musste erst noch ihren Arbeitgeber wegen der Verlegung überzeugen, und ich musste meine Mitarbeiterin überreden, ihre Urlaubspläne zu ändern.

Zudem auf dem Programm: Kajak und SUP-Brett fahren ... (Foto: Berg)

Noch eine Woche bangte ich in der Hoffnung, dass ja nichts mehr dazwischen kommen solle. Denn meine nächsten Bedenken waren, ob dieses Schiff denn überhaupt fahren würde. Auf dem Buchungsportal konnte man ja verfolgen, welche Zimmer noch zur Verfügung standen.
  Und da war der überwiegende Teil der Zimmer noch als frei angegeben. Als dann drei Tage vor der Reise per Mail die Unterlagen zugesandt wurden, war die Erleichterung groß und die Koffer konnten endlich wieder vom Speicher geholt werden.

Unterwegs gab es auch Bekanntschaft mit Delphinen und Grindwalen ... (Foto: Berg)

Freitag früh ging es dann mit dem PKW nach Hamburg. Zuvor hatte ich noch im Internet eine in der Nähe liegende Tiefgarage ausgemacht. Dort konnte man zu einem fairen Pauschalpreis sein Fahrzeug für den gesamten Reisezeitraum abstellen.

Wir durchquerten bei milden 17 Grad Celsius den Polarkreis ... (Foto: Berg)

Zu Fuß ging es weiter in Richtung Anlegestelle und das Schiff war schon in Sichtweite. Allerdings hatten wir den Weg doch etwas unterschätzt und mussten bis zum Erreichen des Terminals noch einen riesigen Bogen zurücklegen. Am Terminal selbst herrschte so gut wie kein Betrieb. Im Terminal war dann Maskenpflicht und Sicherheitsabstand gefordert. Die Abfertigung zog sich etwas, trotz der wenigen Passagiere, weil alle einen Gesundheitsfragebogen (erinnerte mich ein wenig an den Fragebogen einer Lebensversicherung) ausfüllen mussten, es wurde nach Medikamenteneinnahme gefragt und bei jedem Passagier Fieber gemessen. In zweiten Check dann die übliche Sicherheitskontrolle wie am Flughafen. In diesem Moment hatte ich nur gedacht, was wäre das für eine Aufwand gewesen, wenn über 500 Passagier eingecheckt worden wären und nicht nur 61 Passagiere, wie ich auf Nachfrage erfuhr. Wir waren wie in einer kleinen bescheiden Reisegruppe auf einem riesigen Schiff.

Tolles Wetter, türkisblaues Wasser, Insel-Dörfer die nur über Wasser erreichbar sind…fast Südseeflair.  (Foto: Berg)

Weil auf dem Schiff die unterste Etage für eventuelle Quarantänefälle freigehalten wurde, bekamen wir aus diesem Grund eine bessere Kategorie von Hurtigruten zugeteilt. Ohne Mehrpreis!

Wir bezogen unsere Kabine und waren auf das erste schon einmal begeistert. 

Das ist die wilde und abgeschiedene Region des Lyngenfjords, der von den schroffen Lyngenalpen umrahmt wird. Die Fahrt führte in den Lyngenfjord und den Jøkelfjord, wo sich ein Gletscher und der höchste Berg Nordnorwegens befinden. (Foto: Berg)

Was zeichnet die Hurtigruten aus?

Es gab bezogen auf unsere Reise gar nichts zu beanstanden. Ob im Service der Telefonzentrale oder dem Personal auf dem Schiff. Allen merkte man die Erleichterung nach dem Lockdown an und die Freude, dass es endlich wieder losging. Und gerade auf einem neuen Schiff, bei dem sich ja erst einmal alles einspielen musste (das Schiff war gerade mal zwei Wochen im Einsatz), ging es sehr professionell zu. Angefangen von der Küche mit dem sehr hochwertigen und schmackhaften Essen bis zu den Servicekräften, die fast ausschließlich aus Philippinos bestanden und jederzeit sehr freundlich und zuvorkommend waren. Auch das Expeditionsteam, eine Mischung zwischen Abenteurer und Wissenschaftler, gab einen sehr professionellen Job ab. Es war alles sehr perfekt durchorganisiert. 

Wanderungen in einer wunderschönen Landschaft ... (Foto: Berg)

Welche besonderen Erlebnisse hattet ihr dort, bzw., was hat euch daran besonders gefallen? 

Jeder Tag war ein Erlebnis mit vielen Highlights. Langeweile Fehlanzeige. Das Beste, was wir auf dem Schiff wahrgenommen hatten, war ein Kabinen-Upgrade in eine Suite mit großem Eckbalkon, Whirlpool, Regendusche, zwei Fernsehern und vielen weiteren Annehmlichkeiten, die sich ein „normal Sterblicher“  hätte gar nicht leisten können (oder wollen).

Roland Berg (Foto: pv)

Dank des fast leeren Schiffes und dem Umstand, dass alle Zimmer auf dem neuen Schiff mal getestet werden sollten, nutzten wir natürlich diese einmalige Möglichkeit und konnten mit etwas Verhandlungsgeschick ein gutes Angebot für einen überschaubaren Mehrpreis heraus holen. Man fühlte sich wie Könige …


Kulinarisch war jeder Tag sowieso ein Highlight, denn die Norwegische Küche, gemischt mit internationalen Spezialitäten, in Form von 3-5-Gänge-Menüs mit Platzbedienung, ließen jedem Gourmet das Herz höher schlagen. Morgens gab es ein interkontinentales Frühstück vom großem Büffet.

Hervorragendes Essen ... (Foto: Berg)

In den ausflugsfreien Zeiten, wurden jeweils interessante wissenschaftliche Vorträge angeboten.

Ansonsten unternahmen wir täglich Ausflüge mit den Tenderbooten und kundschafteten die Fjorde aus. Das waren in dieser wunderbaren Landschaft schon besondere Erlebnisse.

Die Mitternachtssonne! Muss man erlebt haben!

Bis zum 18.07 geht die Sonne nicht unter und es ist dort 24 Stunden taghell. Wir hatten wettermäßig viel Glück und konnten dies einmal miterleben. (Foto: Berg)

Wie war die Fahrt vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie organisiert?

Je nach dem Recht des jeweiligen Hoheitsgewässer, mussten die entsprechenden Regeln eingehalten werden. In deutschen Gewässer bestand Maskenpflicht und Mindestabstand von 1,5 m. In internationalen Gewässer hängt es davon ab, unter welcher Flagge das Schiff fährt und in Norwegen galt Mindestabstand von 1 m und keine Maskenpflicht.

Vor Betreten der Restaurants – Fieber messen und Hände waschen ... (Foto: Berg)


Beim Einstieg in die Boote bestand immer Maskenpflicht, weil die Crew ja beim Einsteigen behilflich war. Der Rest wurde bereits oben im Bericht erwähnt.

Wie kam es, dass ihr als Reisende sogar in der Zeitung wart? 

Da Hurtigruten die Voreiterrolle in der Kreuzfahrtbranche übernahm und wir zu diesem Zeitpunkt das einzige Kreuzfahrt-Schiff, welches weltweit unterwegs war, standen wir natürlich im Fokus der Presse. Kurz nach dem Verlassen des Terminals fing uns ein Team von „Bild der Frau“ ab und stellte uns ähnliche Fragen, wie hier in diesem Fall auch  Petra tat.

Repro: Berg

Ronald Berg wohnt in Münzenberg, arbeitet als selbständiger Unternehmer in Bad Nauheim, er ist Vorsitzender der Freien Wähler Wetterau und des Landesverbands. Außerdem ist er Kreistagsabgeordneter.   


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