Die Weite des Meeres
Mit dem Schiff auf Reisen
Wenn Nicole Thuy-Neubert aus Bad Nauheim eine Kreuzfahrt unternimmt, kann sie gleichzeitig entspannen und etwas erleben. Den Umweltaspekt hat sie dabei im Blick - doch wie verläuft ihr Urlaub in diesem Jahr? Das erzählt Nicole im Samstags-Interview mit Petra Ihm-Fahle.
Petra: Wie lange unternimmst du schon Kreuzfahrten, wie bist du auf die Idee gekommen?
Nicole: Einige Menschen verbinden einen runden Geburtstag mit dem Wunsch,
an diesem Tag etwas Besonderes zu machen oder gar eine denkwürdige Mutprobe zu
erleben. Wie etwa Bungee-Jumping oder einen Tandem-Sprung. Als jemand, der
wenig Vertrauen in Technik hat und zusätzlich noch eine „blühende“ Fantasie,
war die Vorstellung, auf hoher See weit weg von jedem Hafen den Naturgewalten
ausgeliefert zu sein, zunächst unvorstellbar. Allerdings, als ich 2004 als
Kriseninterventionskraft Überlebende des Tsunami in Südostasien betreute, wurde
mir bewusst, dass in diesem Fall die Schiffsreisenden eindeutig im Vorteil
waren. 2008, zum 40. Geburtstag, wagte ich die erste Kreuzfahrt. Im
Mittelmeer auf einem aus heutiger Sicht mittelgroßen Schiff der AIDA
Cruises-Flotte.
Petra: Was hat dich daran überzeugt?
Nicole: Als wir am 12.09.2008 im Dunkeln in Palma ablegten, hatte ich sämtliche bekannten Schiffskatastrophen vor dem geistigen Auge. Die ersten zwei Tage liefen mein Mann und ich wie die Schafe den Menschenmassen hinterher. Ich fand es furchtbar und dachte: Nie wieder! Am dritten Tag fingen wir langsam an, die Vorzüge der Schiffsreise zu genießen. Man packt einmal den Koffer aus und hat sein Zimmer (die Kabine) immer „dabei“. Man wacht fast jeden Morgen in einem wunderschönen neuen Hafen auf und abhängig von der Route innerhalb einer Woche sogar in vier verschiedenen Ländern.
Jeden Tag ein neuer Hafen (Foto: Nicole Thuy-Neubert) |
Nicole: Besonders angenehm ist ein privater Balkon, den man sich bei kleinem Geldbeutel auf den ganz großen Schiffen nun auch leisten kann. Denn dann kann man ganz früh am Morgen im Bademantel mit Kaffee in der Hand das Anlegen im Hafen beobachten. Je größer das Schiff, desto abwechslungsreicher das Angebot. Es ist für jeden Geschmack und für alle Interessen etwas dabei. Das Argument, man würde sicher die Menschenmassen nicht ertragen, stimmt nicht. Man findet, sobald man sich etwas orientiert hat, immer einen stillen Platz an Bord, an dem man, mit einem Cocktail in der Hand und Meerblick, ganz entspannt sein Buch lesen kann.
Petra: Wie sieht es dieses Jahr aus, was planst du?
Nicole: Die Kreuzfahrt-Industrie ist durch die Pandemie ganz besonders
gebeutelt und im Nachteil. Das Leben an Bord besteht nicht nur, wie es mir
persönlich am liebsten ist, aus Entspannen in der Hängematte auf dem eigenen
Balkon, sondern auch aus diversen Partys von edel bis zünftig, sowie hochkarätigen
Shows, Konzerten für jeden Geschmack, Sport-Angeboten und Sauna /
Spa. Nachdem ich mich im vergangenen Jahr auf einer Kreuzfahrt mit einer
Familie angefreundet hatte, die einen Teenager mit an Bord hatten, der beatmet
und künstlich ernährt wird, hatte ich angefangen, eine Reise mit meinem
Lebenspartner mit ähnlichen Einschränkungen zu planen. Da wurde uns durch
Covid-19 ein Strich durch die Rechnung gemacht. Ganz im Gegenteil. Ich
muss, da mein Partner Risikopatient ist, selbst zuhause bleiben. Wir haben
es uns in diesem Jahr in unserem Garten ganz besonders gemütlich gemacht und
viel Liebe und Arbeit investiert.
Petra: Welche war deine schönste Kreuzfahrt, was hast du alles gesehen?
Nicole: Alle Kreuzfahrten bisher waren besonders. Eine sehr schöne und denkwürdige hatte ich 2013 mit meinem damals elfjährigen Sohn. Die Häfen waren Antalya (Türkei), Limassol (Zypern), Ashdod (Israel), Heraklion (Griechenland), Marmaris (Türkei). Ich freute mich wie immer auf komplette Entspannung. Aber am ersten Tag kehrte mein Sohn mit einem großen Stapel Text in die Kabine zurück. Er berichtete stolz, dass er eine der Hauptrollen in der Kids & Teens Show, die am letzten Abend aufgeführt wird, ergattert hatte. Das bedeutete viele Stunden Text lernen. Aber er war sehr stolz und wir sehen uns gerne die DVD der Show an. Wer Schulkinder hat, wird die Kreuzfahrt ganz sicher lieben. Kein Kind verlässt ohne Eltern das Schiff und die Betreuung und Bespaßung ist sensationell.
Petra: Kreuzfahrten stehen bei Umweltverbänden in der Kritik. Wie siehst du diesen Punkt?
Nicole: Da bin ich grundsätzlich immer zunächst auf der Seite der Umweltverbände. Auch wenn die touristische Kreuzfahrt nur zu 2% für Schäden durch die Hochsee-Schifffahrt verantwortlich ist - fast alles geht auf das Konto der Container und Tankschiffe - muss die Kreuzfahrt natürlich noch vorbildlicher werden. Ich werde in Zukunft auch weiter nur den Anbieter unterstützen, der sich weit höhere Umweltstandards setzt als gesetzlich verlangt. Meine Kreuzfahrten im Januar 2019 und Juli 2019 habe ich auf einem LNG (Liquified Natural Gas) Schiff verbracht welches mit dem Umweltengel ausgezeichnet wurde. Mein Vorsatz ist, sobald es während bzw. nach der Pandemie relativ gefahrlos möglich ist, nur noch solche Schiffe zu nutzen.
Nicole und ihr Sohn Jonathan (Foto: pv) |
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