Andalusische Momente

"Die Zeit bewusst spüren"


Wenn Adela Yamini unterweg ist, hält sie schöne Impressionen mit der Kamera fest. Das macht sie auch in Andalusien so. Wieso sie diese Region im Süden Spaniens als optimales Umfeld für sich empfindet, schildert die Bad Nauheimerin im Samstags-Interview mit Petra Ihm-Fahle. 

 

Adela Yamini (Foto: pv)


Petra: Wieso zieht es dich regelmäßig nach Spanien?


Adela: Ich reise seit circa neun Jahren regelmäßig mindestens einmal im Jahr nach Andalusien. Mich beeindrucken immer wieder die Landschaft, die Menschen und die Kultur in Spanien. Ich reise durch die idyllischen weißen Dörfer, dekoriert mit Blumentöpfen in bunten Farben und entdecke immer etwas Neues. Es wird nie langweilig und die Region bietet abwechslungsreiche Möglichkeiten für Urlauber*innen mit unterschiedlichen Interessen.


Idyllische weiße Dörfer (Foto: Adela Yamini)


Petra: Was begeistert dich an diesem Land besonders?


Adela: Als ich zum ersten Mal einem Spanier in Deutschland höflich die Hand reichte, packte er mich fest an, umarmte mich und küsste mich drei Mal rechts und links. Er meinte: „Wir Spanier begrüßen uns so und nicht mit Abstand.“ Ich finde die Menschen in Spanien wahnsinnig warmherzig, freundlich, gastfreundlich und laut. 😊

Wer mich kennt, weiß, dass mein Tag erst ab 21 Uhr startet. Ich arbeite gerne nachts, gehe gerne aus, spaziere und esse gerne nachts. Andalusien ist die optimale Region für mich, da ich nach 22 Uhr in Gesellschaft bin und etwas Warmes zu Essen bekomme 😊 Ich liebe das spanische Frühstück, den Café con leche, mit einem Toast oder einem Churro. Trotz allem bin ich immer wieder froh, in meinen geregelten Alltag nach dem Urlaub nach Deutschland zurückzukehren.

Da ich nicht nur reinen Badeurlaub mache und kein Massentourismus im Urlaub erleben möchte, sondern viel Kunst, Kultur und Abenteuer, bietet mir die Region Andalusien eine optimale Gelegenheit, meine Zeit hier zu verbringen. Von Bergen und Kunst, von Granada bis zu den stilvollen weißen Dörfern wie Mijas und den wunderschön dekorierten Straßen in Sevilla und Tarifa, die Schlucht in Ronda, Freizeiteinrichtungen in Málaga bis zur Hafenstadt Marbella oder Cádiz, bieten mir einen abwechslungsreichen Urlaub.


Abwechslungsreicher Urlaub (Foto: Adela Yamini)


Petra: In welcher Region Andalusiens seid ihr? Was ist dort anders als in anderen Gegenden Spaniens?


Adela: Wir sind in Estepona im Süden Spaniens, begrenzt vom Mittelmeer, wenige Kilometer entfernt vom Atlantischen Ozean im Südwesten Andalusiens. Eine Besonderheit der Region ist die Stadt Tarifa, die nur 14 km von Afrika entfernt ist. Hier treffen sich Afrika und Europa an der Straße von Gibraltar.


Ansprechende Impressionen (Foto: Adela Yamini)

Adela: Nicht nur die wunderschönen Küsten mit viel Sonne segnen diese Region, sondern der Anblick der Berge ist atemberaubend. Für den, der keine Lust hat, im Meer zu schwimmen, gibt es die Möglichkeit zur Abkühlung in einen der zahlreichen Stauseen zu springen.

Hier ist ein Ort der Begegnung. Mittelmeer trifft Atlantik, Orient trifft Europa, maurische Kunst trifft Barock-Stil und moderne Kunst, Berge treffen die Küste, GB (Gibraltar) trifft Spanien, Menschen unterschiedlicher Religionen treffen sich friedlich, wie an kaum einem anderen Ort auf der Welt.


Am Strand (Foto: Adela Yamini)


Petra: Wie erlebst du die Lage dort in der Corona-Krise?


Adela: Die Corona-Krise erlebe ich Andalusien etwas entspannter. Es gibt derzeit nicht viele Touristen, die Einheimischen sind tatsächlich sehr verantwortungsvoll und tragen allseits Masken; vor allem die älteren Menschen laufen überall mit Masken herum. Überall gibt es Desinfektionsmittel, um die Hände zu desinfizieren. Beim Betreten von Geschäften und geschlossenen Räumen werden die Kunden auf die Händedesinfektion hingewiesen.

Da aber das Leben eher im Freien stattfindet, sind die Menschen weiterhin in Gesellschaft, und ich erlebe kaum Einschränkungen.


Die Zeit steht still (Foto: Adela Yamini)

Petra: Du machst viele Natur-Fotos. Welche Stimmungen fängst du am liebsten ein?


Adela: Am Ende meines Master-Studiums habe ich mich mit einer Forschungsarbeit mit dem Thema Zeitbeschleunigung beschäftigt. Das Thema verfolgt mich heute noch. Mich macht es sehr nachdenklich, wo die Zeit bleibt, die wir durch schnelle Technologien gewinnen. Eigentlich müssten wir eine Menge Zeit haben. Wir kommunizieren digital, wir buchen alles digital und erledigen die alltäglichen Tätigkeiten per Klick im Internet. Hartmut Rosa schreibt in seinem Buch „Resonanzpädagogik; „die eingesparte Zeit ist im Eimer“. Er führt aus, „wenn etwas mit dem Zeitverhältnis nicht stimmt, dann stimmt vermutlich etwas mit dem Weltverhältnis nicht“ (Rosa 2016, S. 12). (Fortsetzung unter dem nächsten Bild)


Blick in die Ferne (Foto: Adela Yamini)


Adela: Wir haben im Alltag das Gefühl, unter Zeitdruck zu stehen und kaum Zeit zu haben. Es muss alles schnell gehen. Die Zeit wird als eine Macht empfunden; sie hat uns in der Hand. Jederzeit haben wir von ihr zu wenig. Wir fühlen uns machtlos. Und wenn wir Hartmut Rosas Ausführung interpretieren, dann verlieren wir das Gefühl für unsere Welt und unsere Existenz.

Ich möchte mit meinen Bildern zum Ausdruck bringen, dass die Zeit nicht als wertloses Gefühl im Eimer landen soll, sondern man die Lebenszeit bewusst wahrnehmen und die Augenblicke als solche festhalten und genießen soll. Die Naturbilder geben mir das Gefühl, ein Stück Zeit zu stoppen, mein Weltverhältnis aufrecht zu erhalten und zu sehen, dass alles seine Zeit braucht. Wir sollen die Herrscher über unsere Lebenszeit werden, so dass wir uns jederzeit die Zeit geben können, welche die Dinge brauchen, die für uns wirklich wichtig sind.


Adela Yamini (Foto: pv)

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Einzigartige Kulturen

Inselträume

Italienisches Tagebuch